Schiene schussfest montieren
Bevor wir starten, ein paar kurze Hinweise:
Wir beschreiben hier, wie wir arbeiten, und sind uns im Klaren, dass es andere Vorgehensweisen beim Montieren von Schienen gibt. Wir erheben keinen Anspruch auf Richtigkeit und teilen hier unsere Erfahrungen mit dir.
Inhalt:
1. Demontage der alten Bauteile & Vorbereitung
2. Überprüfung, passt Schiene und System zusammen
3. Auflagefläche & Fluchten der Picatinnyschiene, Verkleben vs. Verschrauben
4. Stahl vs. Aluschiene
5. Kontaktflächen vorbereiten
Kurz gesagt, wir empfehlen das „Verkleben“ der Schiene und die „Behandlung“ der Schrauben mit Schraubensicherung für die schussfeste Montage von Picatinny Schienen / Rails.
Bevor du an deinem Gewehr arbeitest, führe eine Sicherheitsüberprüfung deiner Waffe durch und entnehme den Verschluss und ggf. das Magazin.
Werkzeug & Materialien:
- Drehmomentschlüssel
- Schleifpapier (120iger Körnung)
- Oberflächenreiniger speziell für Klebeflächen (alternativ Aceton, Isopropanol)
- Epoxidharzkleber
- Schraubensicherung Mittelfest in der Einstellung niedrigviskos (Schienenverschraubung und Ringverschraubung)
- Heißluftfön, Lötlampe
1. Demontage der alten Bauteile & Vorbereitung
Bei alten Gewehren die bestehende Schiene und das Zielfernrohr demontieren.
Hier kann dir bei verklebten Schrauben oder Schiene der Einsatz eines Heißluftföhns helfen. Das Erwärmen der Klebestellen hilft das Klebesiegel mit weniger Kraft aufzubrechen. So kannst du verklebte Schraubverbindung lösen, ohne dass der Schraubenantrieb beschädigt wird bzw. dein Inbus oder Torxschlüssel durchdreht.
Wichtig: Die Ringober- und Ringunterschalen die das Zielfernrohr umschließen maximal auf 80°C erhitzen, sonst kann das Zielfernrohr beschädigt werden.
Die Demontage von verklebten Weaver / Picatinny Schienen oder Basen auf dem System erfolgt mit partiellem Erhitzen einer Lötlampe oder Heißluftfön. Hier kannst du bis 250°C erhitzen, um die Verklebung zu lösen. Das System ist meist aus gehärtetem Stahl und der wird erst ab ca. 400°C Gefügeveränderungen aufweisen.
Reinige nun die Gewindebohrungen und Kontaktstellen auf dem System von Kleberesten. Ab besten Schrauben, Gewinde und Kontaktstellen mit einem speziellen Oberflächenreiniger zur Vorbehandlung von Klebeflächen reinigen. Alternative geht auch Aceton oder Isopropanol (Alkohol).
Verzicht auf die Verwendung von Bremsenreiniger, Verdünnung, Spiritus, Benzin / Waschbenzin. Warum?
Durch nicht geeignete Reiniger wie Bremsenreiniger können Zusatzstoffe wie Additive auf der Oberfläche zurückbleiben, die die Aushärtung der Schraubensicherung und des Epoxidharzklebers beeinträchtigen kann.
Beachte auch die Ablüftzeit 10 Min bevor die Schraubensicherung oder der Epoxidharzkleber aufgetragen werden kann.
Auch solltest du die Reinigung im Freien durchführen, da die empfohlenen Reiniger hochflüchtig sind und schnell verdunsten. Die dabei entstehenden Dämpfe sind schädlich. Kontakt mit Augen und Schleimhäuten ruft starke Reizungen hervor, während das Einatmen der Dämpfe zu Benommenheit führt.
Bei Neuwaffen können die Bohrungen auf dem System mit kleinen Madenschrauben verschlossen sein, um das Gewinde zu schützen (diese ggf. entnehmen bzw. demontieren). Auch hier nochmal alles entfetten und reinigen.
2. Passt Schiene auf das System
Im ersten Schritt legst du die Schiene auf das System ohne sie festzuschrauben und schaust, ob die Schiene passgenau auf dem System aufliegt. Sie darf nicht „wackeln“ sondern muss überall plan aufliegen, um eine spannungsfreie Montage zu gewährleisten.
Auch hier hilft später das Verkleben bzw. einbetten der Schiene in Epoxidharzkleber, denn kleine Unebenheiten können ausniviliert werden.
Ansonsten muss man die Kontaktflächen der Schiene manuell nacharbeiten.
Im zweiten Schritt verschraubst du diese provisorisch. Warum? Nun, du überprüfst, ob die Schiene auf das System und die Schrauben in die Gewindelöcher passen.
Du drehst die Schrauben ins Gewinde, bis diese von selber stehen (kein Festziehen der Schrauben). Gerade bei alten Büchsen oder Gewehren, die in mehreren Ländern in Lizenz gefertigt werden, kann es Unterschiede geben. Dies kann sich bei unterschiedlichen Gewindebohrungen (metrisch oder imperial / zöllig) oder Gewindegrößen oder anderen Bohrabständen zeigen. Abschließend prüfe, dass die Schiene mit deinem Büchsenlauf fluchtet und wenn alles passt demontiere die Schiene wieder.
3. Auflagefläche der Picatinnyschiene, Verkleben vs. Verschrauben
Je größer die Auflagefläche der Schiene auf dem System, desto mehr Fläche und Haltekräfte bekommst du beim Verkleben.
Die Verklebung sichert die Schiene auf großer Fläche gegen die vom Rückstoß ausgelösten Scherkräfte. Also wenn die Waffe sich nach hinten schiebt und diese Kraft auf Schiene, Montage und Optik übertragen werden.
Je größer die Auflage und Klebefläche desto mehr Haltkräfte können generiert werden.
Die Haltekraft der Klebeflächen machen bei einer Remington 700 Schiene ca. 10.000 N – 11.000 N aus. Aufgrund der Erwärmung des Systems beim Schießen können sich die Haltewerte auf ca. 5000 N halbieren. (Der Klebefilm wird durch die Veränderung der Temperatur nicht beschädigt.)
Die Während die Schrauben auch gegen Scherkräfte wirken, sichern sie die Schiene vor allem gegen Zugkräfte ab. Stahlschrauben in den gängigen Größen und Festigkeitsklassen M3,5 oder 6-48 halten ca. 600 N. Bei vier Verschraubungen auf einer Schiene kommt man auf 2400 N.
Hier möchten wir auch auf unsere extra breiten Schraubenköpfe hinweisen, die im Vergleich zu den Standardschrauben, die Picatinnyschiene noch stärker sichern.
Zum Sichern der Schrauben empfehlen wir unsere Rifle Doc Schraubensicherung für Schienenmontage, mit den Eigenschaften „mittelfest“ und „niedrigviskos“. Du kannst die Sicherung direkt in die Sacklöcher / Gewindebohrungen auf dem System geben. Die Sicherung härtet erst aus, wenn du die Schraube reingedreht hast. Der Kleber reagiert nur unter Sauerstoffausschluss in Verbindung mit Eisen- und Kupferionen. Unsere Schrauben werden mit 3Nm Anzugsdrehmoment fixiert. Andere Schienenhersteller werden aufgrund der gleichen Gewindegröße ähnliche Anzugsdrehmomente vorgeben.
Wenn man die Haltewerte der Verschraubung mit den des “flächigen Verklebens der Schiene” vergleicht, erkennt man, warum das Verkleben einer Schiene wichtig ist.
In Summe (Verklebung und Verschraubung) kommt man nun auf Haltewerte zwischen 7400 N bis 12400 N.
Wir vergleichen nun die Haltewerte der Verschraubung 2400 N und Verschraubung & Verklebung 7400 N mit den zu erwartenden Belastungen im Schuss.
Eine klassische Jagdbüchse im Cal .308 mit einer großen Optik führt im Rückstoß zu einer Belastung der Schiene von 3400 N. Das gleiche Gewehr im Cal .338 LM liegt schon bei 5400 N.
In beiden Fällen würde eine einfach verschraubte Schiene nicht dauerhaft halten – eine verschraubte & flächig verklebte Schiene hingegen schon.
Wenn ihr Vorsatzgeräte benutzt wirken die wie ein Hebel auf die Verbindungen (Montage und Schiene). Die Gesamtbelastungen kann sich dann zusätzlich um ca. 1000 N und mehr steigern.
Deswegen empfehlen wir das Verkleben von Schienen und das Sichern der Schrauben mit Schraubensicherung.
4. Stahlschiene vs. Aluschiene
Wichtig ist, dass es sich um eine Stahlschiene handelt, denn Alu und Stahl haben unterschiedliche Wärmeleitverhalten. Es handelt sich um die Fähigkeit Wärme zu übertragen. Bekanntlich wird das System bei Schießen heiß. Diese Wärme muss abtransportiert werden. *1
Die Aluschiene nimmt also schneller die Wärme auf und dehnt sich auch ca. doppelt so weit im Vergleich zu Stahl aus. *2
*1 Die Wärmeleitfähigkeit von Aluminium beträgt ca. 235 W/mK und bei Stahl nur 80 W/mK
*2 Der Ausdehnungskoeffizient Aluminium beträgt auf einen Quadratmeter bei einer Temperaturänderung von +1 Grad Celsius rund 0,4 qmm. Der Ausdehnungskoeffizient Stahl beträgt auf einen Quadratmeter bei einer Temperaturänderung von +1 Grad rund 0,25 qmm.
Die einzige Möglichkeit das Verhalten der Schiene an das des Systems anzupassen ist eine Schiene aus dem gleichen Material verwenden, wie das System (Stahl) gefertigt wurde. Dadurch kann das Gewehr und die montierte Schiene eine spannungsfreiere Einheit bilden als wenn Aluminium verbaut wird.
Einfach gesagt: Stahl auf Stahl und deine Büchse liefert über Jahre hinweg immer präzise Ergebnisse. Natürlich haben auch Aluschienen ihre Berechtigung und werden oft verbaut und verwendet. Auch wir haben Aluschienen im Programm, doch nach unseren Erfahrungen ist die robuste Stahlschiene die generell bessere Wahl.
Des Weiteren werden Aluschienen bei der Verwendung von Schnellspannmontagen durch die Stahl-Klemmbacken der Montage über die Zeit hinweg verformt und führen hierbei zusätzlich zu einem Präzisionsverlust. Auch kann zu hohe Rückstoßbelastung weiche Aluminium Montageteile verformen und dabei sukzessive die Verklebung aufbrechen.
Oft werden wir an dieser Stelle gefragt, ob dann auch eine Stahlmontage im Vergleich zu einer Alumontage verbaut werden sollte. Mit Stahl hast du alle Montageverbindungen aus dem gleichen Material, das macht natürlich Sinn. Doch können auch Alumontagen verbaut werden, da diese nicht direkt auf dem System befestigt werden, sondern auf der zwischengelagerten Picatinnyschiene. Hier sind die Montagen keiner großen Temperaturunterschiede ausgesetzt. Es kommt also nicht zu übermäßigen Materialbewegungen aufgrund von Temperaturveränderungen.
5. Kontakt-/Klebestellen vorbereiten, verkleben & montieren:
Die Stellen, an denen die Picatinny-Schiene auf dem System aufliegt, werden so bearbeitet, dass der Kleber optimal haften kann.
Hierzu schleifst du die Brünierung der Kontaktstellen von Schiene und System an. Dort, wo der Kleber halten soll, musst du eine „raue“ Oberfläche schaffen. Wir nehmen hier ein Schleifpapier mit 120iger Körnung und schleifen diese Stellen leicht an (drei-/viermal mit wenig Druck).
Danach reinigst du die Kontaktstellen der Schiene und des Systems sowie die Gewindebohrungen auf dem System (Aceton, etc.). Jetzt hast du alles soweit vorbereitet. Schiene wurde geprüft evtl. nachgearbeitet und Klebestellen gereinigt.
Bevor du mit dem Verkleben beginnst, sorge dafür, dass du alle Schrauben, die Schraubensicherung, Drehmomentschlüssel (eingestellt) und Wattestäbchen parat hast.
Im ersten Schritt tropfst du die Schraubensicherung in die Sacklochbohrungen auf dem System. Hier brauchst du keine Angst vor vorzeitigem “Verkleben” haben. Die Schraubensicherung härtet erst aus nachdem du die Schraube eingedreht hast (Aushärtung nur unter Sauerstoffausschluss).
Im zweiten Schritt (ja erst jetzt) rührst du den Epoxidharz und Härter an und verteilst ihn auf den Kontaktstellen / Klebeflächen der Schiene und setzt diese auf das System. Nun verschraubst du die Schrauben mit einem Drehmomentschlüssel. Danach entfernst du umgehend den überstehenden Kleber, bevor dieser ausgehärtet ist.
Wichtig: Sobald der Kleber gemischt ist liegt die Offenzeit bei 10 min. In dieser Zeitspanne musst du die Schrauben fixieren und den Überstand mit einem Wattestäbchen entfernen. (Je nach Kleber und Hersteller gibt es verschiedene Offenzeiten).
Sobald die Schiene montiert ist warte 48h (bei 15-20 Grad Zimmertemperatur), um den Kleber aushärten zu lassen, bevor du deine Montage auf der Schiene befestigst.
6. Zielfernrohrmontage
Wir empfehlen bei der Zielfernrohrmontage das Applizieren von SchleTek Optic Mount Sealant auf den Ringinnenseiten. Obwohl viele Ringe eine Kannelierung auf den Ringinnenseiten haben, sollte trotzdem mindestens SchleTek verwendet werden.
Es ist eine Klebefixierung die sich vollkommen rückstandsfrei wieder entfernen lässt. Der gummiartige Film schützt das ZF vor Vibration und verhindert ein „Wandern“ des ZFs in der Montage.
Optic-Mount-Sealant ist kein Kleber im herkömmlichen Sinne, sondern flüssiges Gummi auf der Basis von Kautschuk und Silikon, welches speziell für die Verklebung zwischen den Montageringen und der Optik entwickelt wurde. Das Gummi vulkanisiert innerhalb von 24 Stunden aus und hält die Optik dadurch rutsch- und vibrationshemmend fest.
Wir kennen auch Kunden die ab Cal .308 ihr ZF immer verkleben, um ein Wandern des Zielfernrohres auszuschließen. Hier wird ein Tropfen Uhu Endfest 300 auf die Innenseite der Ringschalen geben, um ein Wandern des Zielfernrohrs zu vermeiden. Das macht die ganze Montage noch sicherer, wird sich jedoch bei Demontage ggf. nicht ganz rückstandsfrei vom Zielfernrohr entfernen lassen.
Abschließend sollten die Schrauben der Montage mit der Rifle Doc Sicherung für Ringmontage fixiert werden.
Die Sicherung für Zielfernrohrmontage von Rifle Doc hat die Eigenschaften Niedrigfest & Niedrigviskos.
Die Schraubverbindung wird vor Korrosion geschützt und die langfristige Vorspannkraft der Schrauben gegen Vibration schussfest gesichert.
Demontierbar. Am besten partiell erwärmen um das Aufbrechen des Klebesiegels zu erleichtern.